Zusammenfassung und Relevanz
Der Umgang mit Fehlern ist ein wichtiger Teil des Sprachunterrichts. Dieses Praxisbeispiel zeigt, wie man mit Fehlern der Lernenden produktiv und autonomiefördernd umgehen kann. Im ersten Teil des Unterrichtsmoduls vergleichen die Lernenden in Gruppenarbeit verschiedene Lerngrammatiken anhand einer Tabelle. Als Hausaufgabe erstellen sie außerdem eine Liste mit ihren Stärken und Schwächen in der Zielsprache. Auf der Basis dieser Liste entwerfen die Lernenden Übungseinheiten für die anderen Lernenden.
Zeitaufwand: 30-45 Minuten (je nach Gruppengröße) zwei- bis dreimal im Semester
Benötigtes Material:
- Arbeitsblatt mit Tabelle (siehe Download)
- verschiedene Lerngrammatiken
Autor*innen / Idee: In Gruppenarbeit im Rahmen eines Workshops entwickelt von Wendy Bell, Clément Lévy und Tina Yetkiner.
Ergänzt von Bettina Raaf und Maria Giovanna Tassinari.
Ziele
Sprachliche Ziele: Grammatik-Regeln verstehen und beschreiben. Die weiteren Ziele hängen von den Inhalten ab.
Autonomieziele:
- Förderung der Selbstreflexion
- Unterstützung von (intrinsischer) Motivation
- Stärkung der Metakognition
- Entwicklung von Selbstorganisationsfähigkeit
- Bewerten und Evaluieren
Aufbau
Erste Sitzung: Analyse von Lerngrammatiken
Die Lehrperson gibt Textproduktionen der Lernenden zurück mit markierten Fehlern.
In Gruppenarbeit wählen die Lernenden aus ihren Textproduktionen gemeinsam EIN grammatikalisches Phänomen aus, das sie bearbeiten wollen. Dieses recherchieren sie anhand von verschiedenen Lerngrammatiken und bewerten dabei die Verständlichkeit der Erklärungen.
Im Plenum werden die Analysen gesammelt und besprochen. Dabei tauschen sich die Lernenden auch über weitere Hilfsmittel (z.B. Apps oder Online-Materialien) aus, die sie für grammatikalische Fragen nutzen.
Ziel der Sitzung ist, dass sich die Lernenden mit Lerngrammatiken vertraut machen und lernen, diese effektiv zu nutzen.
Hausaufgabe oder 2. Sitzung: Fehleranalyse
In einem zweiten Schritt analysieren die Lernenden ihre eigene Textproduktion und erstellen eine Liste mit ihren Stärken und Schwächen im Bereich Grammatik und Sprachgebrauch.
Weitere Sitzungen: Entwicklung von Übungseinheiten
In der darauffolgenden Sitzung werden die Grammatik-Inhalte aus den erstellten Listen besprochen. Daraufhin teilt die Lehrperson jeder/jedem Lernenden eine „Schwäche“ aus ihrer eigenen Liste zu. Als Hausaufgabe gestalten die Lernenden zu der ihnen zugeteilten Schwäche eine ca. 20-minütige Übungseinheit. Diese Übungseinheiten besprechen sie mit der Lehrperson und überarbeiten sie bei Bedarf.
Im Lauf des Kurses präsentieren die Lernenden ihre jeweiligen Übungseinheiten und lassen sie von allen bearbeiten.
Am Ende dieses Unterrichtsmoduls findet eine gemeinsame Evaluation statt mit der Frage, was eine gute Übungseinheit ausmacht.
Fazit
Fehler sind ein wichtiger Teil des Lernprozesses. Dieses Praxisbeispiel nutzt deren Potenzial produktiv: Lernende üben anhand eines sprachlichen Phänomens den Umgang mit Lerngrammatiken, bewerten diese und geben Empfehlungen für ihre Mitlernenden ab. Danach befassen sie sich intensiv mit einem sprachlichen Phänomen und erstellen dazu Übungsmaterialien. Idealerweise wenden sie dabei an, was sie anhand der analysierten Ressourcen für gut befunden haben.
Wer eigenes Lern- und Übungsmaterials erstellen kann, befindet sich auf einer hohen Stufe der Lernerautonomie (laut Nunan (1667: 195) auf der 4. Autonomie-Stufe).